Interview Michal Rehm für Lackiererblatt 01-2025
Repanet Suisse hat sich in den zehn Jahren seines Bestehens zum größten Schweizer Partnernetzwerk
entwickelt. Wir sprachen mit Enzo Santarsiero, CEO der André Koch AG und Axalta Coating Systems Switzerland GmbH, der Repanet Suisse ins Leben gerufen hat, und Volker Wistorf, Leiter Anwendungstechnik bei der André Koch AG.
Herr Santarsiero, Herr Wistorf,
vor wenigen Wochen fand im Europapark in Rust eine eindrucksvolle Jubiläumskonferenz von Repanet Suisse statt, die zeigte, dass bei allen Unterschieden zwischen den Märkten die „großen Themen“ der Branche in der Schweiz und in Deutschland dieselben sind:
Wie bekommen wir Fachkräfte?
Wie meistern oder nutzen wir die Digitalisierung?
Wie können wir nachhaltiger
arbeiten?

Enzo Santarsiero:
Das ist grundsätzlich richtig, ich würde noch hinzufügen: Wie schaffen wir es, dass die Arbeit unserer Betriebe bezahlbar bleibt? Kein Land hat so hohe Stundensätze wie die Schweiz. Die Kosten für Reparaturen explodieren überall, vor allem in den Städten.
Was wäre Ihr Lösungsansatz?
Der Schlüssel liegt darin, die Reparaturquote zu erhöhen. Der Teileanteil bei einer Reparatur liegt hierzulande bei 43 Prozent. Und auch die Teilepreise steigen dramatisch. Bestes Beispiel sind Scheinwerfer, die Tausende von Franken kosten
können. Wenn hier Reparaturen technisch möglich und erwiesenermaßen sicher sind, dann sollten sie auch erfolgen dürfen. Es ist wichtig, dass auch Versicherungen darauf drängen.
Reparieren statt ersetzen – wie fördern Sie dieses Prinzip im Repanet Suisse-Netzwerk?
Volker Wistorf:
Das ist Teil unserer DNA und wir fordern und fördern das. Es ist dringend notwendig, sich effiziente Reparaturtechniken anzueignen und nachhaltige Produkte einzusetzen, damit Reparaturen richtig und schnell umgesetzt werden können und damit auch weniger Zeit und Geld kosten.
Reparaturen, die weniger Geld kosten – dazu zählen auch Kleinschadenreparaturen.
Täuscht der Eindruck, oder sind die klassischen Karosseriebetriebe in der Schweiz diesem Segment des Markts gegenüber aufgeschlossener als die Kollegen in Deutschland?
Enzo Santarsiero:
Das hängt mit den Marktbedingungen zusammen. In der Schweiz erwarten die Versicherungen eine gewisse Quote an Kleinreparaturen. Üblich ist hier auch die so „Parkschadenversicherung“, die solche kleineren Schäden ohne Rückstufung abdeckt.
Unsere Betriebe sind dafür gerüstet, wir erwarten das auch von den Partnern und unterstützen es mit Kleinschaden-Reparaturkonzepten wie Car4rep.
Unser Ziel ist es, dass auch kleine Schäden nicht bei „Lackdoktoren“, sondern in unseren Fachbetrieben repariert werden – schnell, korrekt, günstig und nachhaltig.
Nachhaltigkeit war das beherrschende Thema vieler Vorträge und Workshops der Jubiläumskonferenz.
Wo sehen Sie Repanet Suisse auf dem Weg zum nachhaltigen Reparaturnetzwerk?
Enzo Santarsiero:
In der Schweiz gibt es landesweit einen ganz klaren Trend, der sich für den Erhalt unserer Umwelt und unserer Ressourcen einsetzt. Das Thema Nachhaltigkeit zieht sich vom Bund mit der „Agenda 2030“ bis hin in die großen und kleinen Betriebe. Die Schweizer Bürgerinnen und Bürger sind sehr umweltbewusst und so steigt auch das Interesse und die Nachfrage nach nachhaltigen, ressourcenschonenden Reparaturen.
Ganz wichtig: Auch große Versicherungen wie zum Beispiel die Helvetia erwarten nachhaltiges Arbeiten von ihren Partnern.
Unsere Repanet Suisse-Mitglieder sind hier voll dabei. Die allermeisten wollen
wirklich etwas bewirken und sich das Thema „Green“ nicht nur als reißerischen Aufhänger auf die Fahne schreiben.
Unsere Aufgabe besteht nun darin, sie dabei mit praktischen Lösungen zu versorgen.

Was steht dabei im Vordergrund?
Volker Wistorf:
Ganz klar Produkte und Prozesse. Es ist ja kein Geheimnis: Die Lacktrocknung verursacht den allergrößten Teil des CO2-Austoßes. Und wir haben bei Axalta lufttrocknende oder auch UV-trocknende Produkte, die den Ausstoß drastisch reduzieren. Wichtig ist es, die Prozesse rund um diese Produkte so zu gestalten, dass die Produktivität nicht leidet.
Enzo Santarsiero:
Emissionsarm zu arbeiten bedeutet aber noch mehr. Wir sprachen bereits vom Instandsetzen statt Erneuern – unter diesem Aspekt sollten alle Reparaturvorgänge betrachtet werden.
Ob Scheiben-, Schweinwerfer- oder Kunststoffreparatur, Spotrepairs oder Dellendrücken – überall ist das fachmännisches Instandsetzen emissionsärmer als der Austausch. Wir unterstützten daher voll und ganz von unserem Repanet-Suisse-Partnerbetrieb, der Carrosserie Feller AG, ins Leben gerufene «green car repair»-Label, das in Zusammenarbeit mit dem Schweizerischen Carrosserie Verband (carrosserie suisse) weiterentwickelt wurde und all diese Anforderungen erfüllt.
Die Standards, die ein Betrieb für green car repair erfüllen muss, sind nun auch im Repanet Suisse-Kriterienkatalog
enthalten. Alle Partnerbetriebe werden künftig, wenn sie es nicht bereits sind, nach green car repair-Standards
zertifiziert.
Ein ambitioniertes Öko-Siegel als verpflichtendes Element – besteht da nicht die Gefahr, den einen oder anderen
Partner zu überfordern?
Enzo Santarsiero:
Dazu ist zweierlei zu sagen: Ein Öko-Siegel ist wertlos, wenn es sich um bloßes Greenwashing handelt. Und es wird sich auch nicht durchsetzen, wenn es dem Betrieb nicht wirtschaftlich nützt.
Wir können aber klar darlegen, dass nachhaltiges Arbeiten, dass „Instandstetzen statt Erneuern“ profitabel ist, und das können unsere Partner ganz praktisch nachvollziehen.
Und zur Frage der Überforderung:
Wir möchten unsere Partner nicht überfordern, sondern dazu herausfordern, gemeinsam noch besser zu werden. Repanet Suisse unterscheidet von anderen Netzwerken, dass ganz bewusst wirklich sehr hohe Standards vorherrschen und zu erfüllen sind, sei dies marketingtechnisch oder fachmännisch. Nur dann können wir unseren Partnern garantieren, dass sie für Kunden jeder Couleur auch künftig die allerersten Ansprechpartner sind.
