Search
Close this search box.

Business & People

Es muss nicht immer Schadensteuerung sein

Die Diskussion über das Pro und Contra von Schadensteuerung läuft seit Jahren. Fast jeder Betrieb hat Erfahrungen damit gemacht, positive wie negative. Doch es gibt «gallische Dörfer»: Kfz-Betriebe, die mit wenig oder sogar ohne Schadensteuerung auskommen – und dennoch erfolgreich sind.

Die Diskussion über das Pro und Contra von Schadensteuerung läuft in der K&L-Branche seit Jahren. Fast jede Werkstatt hat Erfahrungen damit gemacht, sowohl positive wie auch negative. Doch es gibt «gallische Dörfer»: Kfz-Betriebe, die mit wenig oder sogar ohne Schadensteuerung auskommen – und dennoch erfolgreich sind. Hier sind drei Beispiele aus Deutschland. Auch in der Schweiz gibt es Betriebe, die bewusst nicht auf zu hohe Anteile der Schadensteuerung setzen.

Die Color Company GmbH & Co. KG aus Illertissen bei Ulm ist eigentlich ein idealer Kandidat für Schadensteuerung: Das Unternehmen ist gross, es verfügt über ein rund 2.600 Quadratmeter grosses Betriebsgebäude und beschäftigt 25 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Aber: «Rund 70 Prozent unseres Geschäfts machen wir mit Privatkunden, Autohäusern, Flotten, Firmenkunden, Industrieaufträgen und der Lackierung von Nutzfahrzeugen», betont Geschäftsführer Uli Frenzel (Foto unten links). «Das betrachte ich als unsere Hauptgeschäftsfelder – nicht die Schadensteuerung.» Als besonders lukrativ haben sich für die Color Company Nischen- und Spezialangebote erwiesen, zum Beispiel die Bearbeitung von Grossfahrzeugen. «Aus dem gleichen Grund beschäftigen wir uns auch verstärkt mit dem Thema Reparatur von Wohnmobilen und Caravans», sagt Frenzel. «Das ist ein wachsender Markt, auf den wir uns in den nächsten Jahren noch stärker einlassen wollen.»

Kein grundsätzlicher Verzicht auf Schadensteuerung

Ganz ohne Schadensteuerung kommt aber auch die Color Company nicht aus: Trotz der Konzentration auf ihre Hauptgeschäftsfelder entfallen mittlerweile rund 30 Prozent des Geschäfts auf gesteuerte Aufträge. Kein Problem für Uli Frenzel: «Schadensteuerung ist ja nicht grundsätzlich schlecht», sagt er. «Manche Aufträge haben uns sogar neue Privatkunden beschert. » Dennoch setzt er bei diesem Thema auf Zurückhaltung. «Wir arbeiten nur mit wenigen ausgesuchten Schadensteuerern zusammen», sagt er. «Und offen gesagt: Manche kommen mir nicht ins Haus.»

Bei der Lackiererei Alrutz in Georgsmarienhütte bei Osnabrück, einem Unternehmen mit zwölf Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, betrachtet man die Schadensteuerung ebenfalls zurückhaltend. Geschäftsführer Dirk Alrutz (Foto oben) betont: «Ich habe keine generellen Vorbehalte gegen die Schadensteuerung. Aber wie sie in der Praxis umgesetzt wird, ist teilweise fragwürdig: Manche Aufträge werden in Betriebe gesteuert, in die sich die Fahrzeugbesitzer normalerweise nie verirren würden.» Dadurch, so findet er, verliere der wichtige Faktor Kundenbindung an Bedeutung.

Direkte Ansprache von Privatkunden und Autohäusern

Alrutz arbeitet mit zwei Schadensteuerern zusammen, aber der Umsatzanteil liegt in seinem Betrieb unter zehn Prozent. Er setzt stattdessen auf einen guten und direkten Draht zu den Privatkunden und Autohäusern der Region. Diese Strategie hat sich für ihn gerade im vergangenen Jahr ausgezahlt. «Werkstätten mit einem grösseren Anteil von gesteuerten Schäden haben 2020 stärker darunter gelitten, dass vor allem im geschäftlichen Bereich weniger Auto gefahren worden ist. »

Weitere Erfolgsfaktoren von Alrutz sind ein breites Leistungsportfolio – neben der Karosserie- und Lackreparatur auch Industrielackierung, Dellendrücken, Glasreparatur und Oldtimer-Restaurierung – und eine aktive Kundenkommunikation. «Wir konzentrieren unsere Marketing-Massnahmen auf einen Umkreis von 50 Kilometern», sagt Dirk Alrutz. «Wir werben in der Lokalpresse, unterstützen regionale Events und machen auch Sport-Sponsoring.» Neben einigen Fussballclubs kooperiert mit einem Motorsport-Team, das regelmässig beim traditionsreichen «Osnabrücker Bergrennen» mitfährt – in Fahrzeugen, die ihre Rennlackierung natürlich in Georgsmarienhütte erhalten haben.

Konzentration auf Autohaus-Kunden

Auch in der Lackiercenter Ibbenbüren GmbH, einem Unternehmen mit rund 20 Arbeitskräften, ist der Anteil der gesteuerten Schäden niedrig. «Die Hälfte unserer Aufträge bekommen wir aus Autohäusern, rund 40 Prozent von Privatkunden, aus der Schadensteuerung weniger als zehn Prozent», sagt Geschäftsführer Viktor Specht (Foto unten Mitte). Woran das liegt, lässt sich nicht so einfach erklären. «Es hat sich so ergeben», sagt Specht. «Zum einen gibt es uns an unserem neuen Standort erst seit 2016. Zum anderen sind die Anforderungen an Betriebe, die in Netzwerken der Schadensteuerung mitarbeiten wollen, recht anspruchsvoll – das war für uns bisher noch keine Option. Und schliesslich sind wir bislang auch ohne Schadensteuerung zurechtgekommen.»

Kompetente Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, handwerkliche Qualität und guter Service, dazu eine hochmoderne technische Ausstattung und ein breites Leistungsangebot sind Erfolgsfaktoren des Unternehmens – und günstige Preise. Nicht zu unterschätzen ist ein weiterer Punkt: der Standortfaktor. «In unserer Region», so Specht, «gibt es weit und breit kaum einen vergleichbaren Betrieb. Darum können wir uns bis zu einem gewissen Grad auf Mundpropaganda und Kundentreue verlassen.»

Doch das ist es nicht allein. Vor allem bei den kritischen Kunden aus dem Autohaus-Bereich hat sich das Lackiercenter Ibbenbüren schnell einen Namen gemacht. «In diesem Geschäft geht es neben der Qualität der Arbeit vor allem um Schnelligkeit, Termintreue und Verlässlichkeit», sagt Viktor Specht. Dabei setzt das Unternehmen auf eine geradlinige Kommunikation auf Augenhöhe. «Man muss sich aufeinander abstimmen. Das heisst auch, dass wir nichts versprechen, was wir nicht halten können – notfalls muss man auf einen Auftrag auch mal verzichten können.»

«Viele Wege können zum Erfolg führen»

Margarita Debos, Vorstandsmitglied beim Werkstattnetzwerk Repanet e.V. (Foto unten rechts),  findet die Erfolge der Betriebe, bei denen Schadensteuerung nur eine untergeordnete Rolle spielt, in mehrfacher Hinsicht bemerkenswert. «Es zeigt, dass in unserer Branche viele Wege zum Erfolg führen können. Das kann ein Nischenangebot sein, mit denen man sich ein Alleinstellungsmerkmal erarbeitet. Es kann gezieltes regionales Marketing sein oder die Konzentration auf ein bestimmtes Marktsegment. Und manchmal ist es auch einfach die gute Wahl des Standorts.» Sie ergänzt: «Natürlich ist Schadensteuerung ein Faktor, der in unserer Branche immer grösseren Einfluss gewinnt. Nicht umsonst stellt Repanet seinen Mitgliedern, die sich hier etablieren wollen, Checklisten und Hilfestellungen zur Verfügung. Aber unter gewissen Umständen kann ein gutes Team, das erstklassige Arbeit und Full Service abliefert und seinen Markt gut im Blick hat, auch ohne Schadensteuerung erfolgreich sein.»

Kontakt

Haben Sie Fragen? Wir sind für Sie da: