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Lack- und Farbkompetenz: Neugierde und Berufsstolz treiben an

Nicht nur bezüglich Mechanik ist spezielles Know-how und viel Erfahrung nötig, wenn Old- und Youngtimer wieder auf Vordermann gebracht werden wollen, auch bei Lackarbeiten. Ein Augenschein bei einem Profi seines Fachs, der auf Standox setzt.
Carrosserie Sahli in Aesch/ZH
In der Autolackiererei René Sahli in Aesch ZH wartet bereits der nächste Oldtimer auf das Know-how der Experten.

Das etwas unscheinbare Äussere und der kleine Container, der als Empfang und Büro dient, täuschen, denn die Autolackiererei René Sahli in Aesch ZH kann und macht viel mehr als Autos lackieren.

Kunstwerke, Signaletik-Objekte für Gebäude und alles andere, was eine hochwertige Lackierung oder einen speziellen Effektlack benötigt und natürlich auch aussergewöhnliche Old- und Youngtimer kriegen
hier ein neues Aussehen.
Schon seit 1976 kümmert man sich im Familienbetrieb um Preziosen.

 
«Als mein Vater 2010 in Pension ging, durfte ich das Geschäft übernehmen. Damals hatten wir noch mehr Angestellte.», erinnert sich Inhaber René Sahli. «Für mich gab es zwei Optionen: Weiter wachsen und noch mehr Zeit auf dem Bürostuhl oder
wieder mehr Zeit in der Lackierkabine verbringen.»
 
Der talentierte Lackierer wollte lieber weniger Zeit mit administrativen Arbeiten, Ersatzteilsuche und Bestellungen verbringen, die Konsequenz: «Verkleinern und spezialisieren, ein Entscheid, den ich nie bereut habe.»
 

Wann immer möglich vom Blech auf

Zusammen mit seiner Schwester Nicole Hafner-Sahli hat sich der 50-Jährige auf Lackieren und Autokosmetik spezialisiert und seine Nische gefunden.


«Wir haben das Swissvax-Zertifikat und bieten auch Keramikbeschichtungen an. Das ist inzwischen sehr beliebt geworden, ein gutes Zusatzgeschäft», erläutert René Sahli. Doch noch etwas näher liegt ihm die Restauration von Old- oder Youngtimern. Seine Augen beginnen zu
leuchten, wenn er auf die verschiedenen Karossen blickt, die noch auf seine Erfahrung und sein Können warten. Ein Auto wird bei ihm, wenn immer möglich, vom Blech auf neu lackiert, alles andere ist nicht ideal.

Nicole Hafner-Sahli poliert einen raren Lancia Flaminia Supersport
Nicole Hafner-Sahli poliert einen raren Lancia Flaminia Supersport von Zagato.

Das sei, wie wenn man ein Haus renoviere, obwohl man wisse, dass es auf einem schlechten Fundament stehe und vielleicht bald einstürzen werde.

«Man muss sich den Problemen stellen; zudem sieht man bei den Glanzlacken mit der absolut glatten Oberfläche, welche die wunderbaren Formen und Linien der Old- und Youngtimer am besten zur Geltung bringen, jede Unebenheit», verrät Sahli.
Zum Beweis zeigt er auf den Lancia Flaminia Supersport von Zagato, den seine Schwester nach einer Komplettlackierung
gerade auf Hochglanz poliert, bevor der Kunde ihn wieder abholt.

René Sahli vor seiner Farbmischrampe von Standox
Der Experte setzt wie schon sein Vater auf das Lacksortiment von Standox.

 Dank «Geburtsschein» weg vom Ferrari-Rot

Wie findet er eigentlich stets den passenden Farbton? Sahli schmunzelt:
«Ich habe eine kleine Bibliothek mit alten Farbkatalogen und zudem eine Kollektion alter Farbfächer. Zum Teil ist es verrückt: Sammlerinnen
und Sammler zahlen für einen alten Ferrari-Farbfächer heute
4000 bis 5000 Franken.

Für mich sind sie schlicht ein wertvolles Arbeitstool.» Manchmal finde man noch letzte Lackreste an schlechter zugänglichen Stellen der Carrosserie oder es seien alte Fotos vorhanden, die Hinweise geben, wie die Originalfarbe ausgesehen habe. Und bei den edlen Ferrari-Modellen, die den Weg nach Aesch finden, gibt es so etwas wie einen «Geburtsschein».  Auf dem ist genau vermerkt, wie das Modell ausgeliefert wurde. «So kann man eruieren, welche Farbe der Ferrari ursprünglich hatte, bevor er in den 80er- und 90er-Jahren auf Ferrari-Rot umlackiert wurde», ergänzt Sahli. Es gebe nun einige Sammelnde, die ihre Autos zurücklackieren lassen, was deutlich wertsteigernd sei. 

Einen ganzen Oldie lackieren, ist eines, aber wie sieht es aus, wenn die Patina von der Besitzerin oder vom Besitzer geschätzt wird, aber wegen eines Unfalls ein Teil neu lackiert werden muss? «Das kriegen wir selbstverständlich ebenfalls hin, aber eigentlich ist das bei Ferraris aktuell kein Thema. Die sind alle  toprestauriert und der Markt an Restaurations-Objekten ist regelrecht ausgetrocknet», weiss der Kenner.

Ausgefallene Lackierwünsche

Gibt’s für den Lackspezialisten allenfalls Farbwünsche, die er nicht übers Herz bringt, umzusetzen? René Sahli lacht: «Nein, bei einem Oldtimer hatte ich das noch nie, aber ich hatte schon einen Cayenne-Fahrer, der seine Harley in der Flip-Flop-Farbe seines Wagen haben wollte. Und bei einem Ferrari Dino hatten wir mit dem Kunden festgelegt, dass er wieder im Originalblau
erstrahlen sollte.

Aber als er zur Besprechung der Details des Auftrags nach Aesch kam, hatten wir gerade einen Wagen in Viola Metallizzato – auch eine Ferrari-Originalfarbe – da. Einige Tage später hat er spätabends ein WhatsApp gemacht und mich um einen Rückruf am anderen Morgen gebeten. Da dachte ich schon, er wolle den Auftrag stornieren, aber er wollte mir einfach
nur mitteilen, dass der Dino nicht in seiner Originalfarbe, sondern im Violett-Ton von Ferrari lackiert werden sollte.»

Lackaufbau entscheidend

Nicht nur viel Fingerspitzengefühl und Erfahrung mit Carrosserien aus Alu und glasfaserverstärkter Kunststoff – kurz GFK – sind in Sahlis Alltag gefragt, sondern auch ein fundiertes Wissen bezüglich Lackaufbau.

Denn die meisten Oldtimer wurden noch mit sogenannten Nitrolacken mit einem extrem hohen Lösungsmittelanteil versehen. Diese Lacke sind aus Umweltverträglichkeits-gründen in Europa und den USA längst verboten.

«Wir arbeiten nun fast immer mit Zweikomponenten-
Klarlacken. Sie sind beständiger als die alten Nitrolacke, aber um der perfekten Oberfläche eines Nitrolackes zu entsprechen, benötigt es viel Nacharbeit am Klarlack. 

Und man muss das Fahrzeug im Vorfeld unbedingt komplett wellenfrei planschleifen, weil man im Nachhinein die
kleinsten Unstimmigkeiten sieht», merkt René Sahli an.

Seit Jahren immer mit Standox

Für die Oldtimer und auch die anderen Speziallackierarbeiten setzt der Experte wie schon sein Vater auf das Sortiment von Standox. Die einst vom deutschen Lackhersteller Herberts lancierte Marke, die inzwischen zu Axalta gehört, wird übrigens 2025 bereits seit 70 Jahren von der André Koch AG in der Schweiz vertrieben. «Uns war es immer wichtig, im Lackbereich stets auf die neuste Technologie zu setzen. 


Als die ersten wasserlöslichen Lacke auf den Markt kamen, hat mein Vater kurz den Anbieter gewechselt, ist dann aber rasch zu Standox zurückgekehrt», erinnert sich René Sahli. «Bei mir ist von der ersten bis zur letzten Schicht alles Standox.» Und das sind einige Schichten bei jedem Old- oder auch Youngtimer, der die Aescher Garage verlässt. Die Rohkarossen erhalten nämlich als erstes zwei Schichten einer Säuregrundierung. Nach diesem Primer gibt es zwei Schichten eines Isolierfüllers,
dann vier Schichten eines Spritzspachtels. «Dann drei weitere Schichten eines feinen Füllers, weil die vorherigen Schichten etwas poröser sind», zählt Sahli weiter auf. «Darauf kommen dann zwei bis drei Schichten der eigentlichen Farbe und am Schloss noch drei bis vier Schichten Klarlack, damit das Resultat stimmt – auch für mich», fügt der anspruchsvolle Lackspezialist an.

Doch dieser Aufwand lohnt sich, schon 2009 erhielt ein in der kleinen Zürcher Gemeinde lackiertes Fahrzeug beim Pebble Beach Concours d’Elegance, dem weltweit bekanntesten Schönheitswettbewerb für hochwertige und hochpreisige Klassiker, Topnoten. René Sahli zeigt aufs über der Reception hängende Bild und meint stolz: «Das Auto bekam total 99 von 100 Punkten, Abstrich gabs nur wegen der Motornummer.»

Neue Geschäftsfelder erkunden


Locker über 300 bis 350 Stunden Arbeit stecken jeweils in frisch lackierten
und von seiner Schwester Nicole Hafner-Sahli perfekt polierten
Old- und Youngtimern. «Oft muss man die Arbeit auch unterbrechen,
weil etwas ganz Dringendes reinkommt, das für einen bestimmten
Termin fertig sein muss», erläutert der gelernte Autolackierer mit
Abschluss «höhere Fachprüfung Autolackierer», der immer wieder
neue Herausforderungen sucht. Das sei auch bei der Anfrage zum Lackieren von E-Gitarren so gewesen.

«Ich fand es spannend, auch wenn ich noch keine Erfahrung im Holz-Beizen hatte. Aber genau das war der
Reiz. Ich wollte wissen, wie es funktioniert. Diese Neugier treibt mich an und öffnet mir auch neue Geschäftsfelder», erläutert der 50-jährige Firmeninhaber. «Die Erfahrungen, die ich mit den Gitarren gemacht habe, kann ich nun bei der Behandlung von edlen Wurzelholzteilen von Rolls-Royce- oder Bentley-Cockpits nutzen. 

In über 30 Jahren hatte ich so stets die Möglichkeit, mich weiterzuentwickeln und Neues dazuzulernen.
Das ist so grossartig an unserem Job und erfüllt mich auch Tag für Tag aufs Neue mit Berufsstolz.» 

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Text / Bilder: Jürg Stettler, AutoInside 04-2025 

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