Nach 27 Jahren im Konzern von Axalta, zuletzt als Produktmanager und Technischer Leiter, hat Lackierprofi Volker Wistorf einen Schlussstrich unter seine bisherige Karriere gesetzt. Seit 1. Februar dieses Jahres ist der gebürtige Deutsche bei der André Koch AG in Urdorf als «Leiter Anwendungstechnik» tätig. Die Gründe für den Stellenwechsel und wie er zustande gekommen ist, verrät der 52-Jährige in unserem Interview.
Herr Wistorf, selbst wer sich in der Branche auskennt und das Gras wachsen hört, war überrascht davon, dass Sie nun einen neuen Berufsweg beschreiten.
Volker Wistorf: Das ist nicht verwunderlich. Ich habe mich weder aktiv im Markt beworben noch geheime Anstellungsgespräche geführt. Die Möglichkeit, eine neue Position bei der André Koch AG anzunehmen, darüber habe ich mich im Vorfeld nur mit meiner Familie im Detail ausgetauscht. Und den Entschluss schliesslich ganz alleine mit ihr gefällt.
Wie kam der Kontakt mit der André Koch AG zustande?
Volker Wistorf: Ganz einfach und auf alltägliche natürliche Weise. Mit der Lackmarke Standox stammen Axalta und André Koch AG produktetechnisch ja aus derselben Familie. Man sieht sich an diversen Treffen und Veranstaltungen der Branche. An einem Treffen ergab sich ein persönliches Gespräch, das schliesslich zu meiner Anstellung geführt hat.
Wie lautete, salopp gefragt, der Job-Beschrieb?
Volker Wistorf: Ich bin als «Leiter Anwendungstechnik» angestellt worden. Und unterstütze die André Koch AG sowohl beim Produktmanagement als auch aufgrund meiner bisherigen Erfahrungen im Bereich der Industrielackierung. Da will sich das Unternehmen künftig noch viel stärker engagieren.
Verraten Sie uns die Gründe, die zu Ihrem Stellenwechsel geführt haben?
Volker Wistorf: Ich bin jetzt 52 Jahre alt. Und wollte noch einmal etwas Neues machen, eine neue Herausforderung annehmen – vorzugsweise in einem Schweizer KMU-Betrieb.
Warum KMU?
Volker Wistorf: Die Administration in einem Grosskonzern ist mit grossem Aufwand verbunden, deshalb spielt sich auch ein Grossteil der Arbeit im Büro ab. Und irgendwann stellt man dann fest, dass man die Nähe zum Kunden verloren hat – und diese Nähe vermisst. Das wollte ich ändern. Die besten Möglichkeiten dazu bietet ein KMU.
Weil Entscheidungen schneller getroffen werden können?
Volker Wistorf: Genau so ist es. Ein Konzern ist wie ein riesiger Dampfer – wenn er fährt, fährt er. Will man ihn in eine andere Richtung dirigieren, dauert die Reaktionszeit ziemlich lange. Das ist überhaupt nichts Schlechtes, sondern liegt in der Natur der Sache. Aber in einem KMU sind die Kommunikations- und Entscheidungswege kürzer, da geht alles viel schneller. Das will ich nun auch noch erleben.
Das heisst, das starre Konzernleben bei Axalta ist Ihnen nach 27 Jahren verleidet?
Volker Wistorf: Nein, überhaupt nicht verleidet. Es war eine tolle Zeit, sonst wäre ich nicht so lange geblieben. Mein Job war meine Berufung, spannend und sehr vielseitig. Ich war Technischer Leiter und Produktmanager, durfte mich zum DIN-geprüften Korrosionsschutz-Inspektor weiterbilden lassen und habe zusammen mit Thomas Wyss die Sparte «Industrielackierung» verantwortet. Das waren wirklich herausfordernde Aufgabengebiete.
Apropos Thomas Wyss: Sie haben mit ihm zusammen die «In Coatings AG» in Pratteln übernommen. Gibt es die Firma noch?
Volker Wistorf: Ja klar, da sind wir weiterhin tätig. Und verkaufen auch Lacke. Aber im wirklich sehr spezialisierten Bereich der Industrielackierung. Unsere Firma konkurrenziert meine Tätigkeit hier bei der André Koch AG und das Autoreparaturlack-Geschäft nicht im Geringsten.
Decken sich ihre Erwartungen für das neue Tätigkeitsfeld mit den bisherigen Erlebnissen? Oder anders gefragt: Sind Sie im neuen Job angekommen?
Volker Wistorf: Ja, das bin ich. Ich wurde von allen extrem gut aufgenommen, fühle mich nach nur sechs Wochen fast ein bisschen wie zuhause. Ich denke, ich habe die letzte berufliche Herausforderung gefunden.
Vom Rheinland nach Baselland
Volker Wistorf (52), verheiratet und Vater von zwei erwachsenen Kindern (20 u. 23), ist von Beruf Lackierer mit abgeschlossener Meisterprüfung. Aufgewachsen im Rheinland in der Nähe des Nürburgrings, wechselte er 2004 von Deutschland zu Spies Hecker in die Schweiz. Und zwar als Technischer Trainer – auf Wunsch von Selcuk Özgül und «nur für vier Jahre», wie es damals hiess. Heute, 17 Jahre später, wohnt Volker Wistorf noch immer in Baselland.
Interview: Margrit Balmer